Bei den Schmieden in der Sahara

Mit dem Motorrad auf der Suche nach den alten Handwerkern der Wüste

Spontane drei Wochen Urlaub zum Ende des Sommers sind gebucht. Soll ich neue Schmiedeerfahrungen sammel gehen, oder lieber mit dem Moped los? Beides!
Zwei Wochen im Voraus wird ein Ticket für die Fähre Genua-Tunis, sowie ein paar Sachen zu Mitnehmen, gekauft.
Am letzten August geht die fünfte Motorradreise in die Sahara los. Wieder alleine, und diesmal mit meinem Schmiedehammer im Gepäck.

Finde ich noch die letzten Schmiede der Sahara?

Die Spuren des Schmiedehandwerks sind in jedem Dorf zu finden. Prägsam sind die orienatlischen Motive: Schnörkel und beidseitigen Pfeile im Mitten.

In Mitteltunesien, am Rande der Sahara, findet man die ersten Werkstätte der “Haded”, wie die Schmiede auf arabisch heißen. Schnell stellt sich heraus, dass sie nicht mehr mit Feuer arbeiten, wie ich erwartet hätte. Die Zierungen werden fertig gekauft und angeschweißt, die Schnörkel kalt (!) gebogen. In Europa wären sie Schlosser. Sie fertigen Tore, Fenstergitte und Türe vom Feinsten, die zum Schmuckstück der Häuser werden.

Die Ausstatung der “Haded-Werkstätte” ist erstaunlich simple: Ein großer Flex, ein Trafo-Schweißgerät, ein Hammer und kleiner Amboss.
Die Arbeitssicherkeit nach den europäischen Vorstellungen ist noch nicht ansatzweise vorhanden. Halt andere Länder, andere Sitten. Aber die Ergabenisse, die lassen mich staunen.

Die Reise geht weiter in Richtung Süden. Und mit Richtung meine ich Richtung. Da sich das Navigationsgerät bereits in Italien verabschiedet hat, fahre ich insgesamt 3500km nach Kompass und Karte. Wer kein Ziel hat, kann sich nicht verfahren.

Mit zunehmender Wüste konzentriert sich auch das Leben immer stärker in die Oasen. Der Spruch “Das Wasser is Leben” hat hier eine komplett andere Bedeutung. Die Oasen, die nicht zu Städten geworden sind, werden intensiv bewirtschaftet, gerade jetzt, kurz vor der Ernte der Datteln.

Die uralten Dieselmotoren, die Jahrzete lang das Wasser in die Oasen gepumt pausenlos haben, werden nach und nach durch elektrischen Pumpen mit Solarpanelen ersetzt. Die Umstellung wird dauern. Die Kosten für die neue Technik sind hoch und der Sprit, gerade hier im Süden aus Algerien geschmuggelt, kostet fast nichts.

Ein notwendiger Abstecher über den größten Salzsee Afrikas Chott-El-Jered darf nicht fehlen. Ein Teil des Salzsees ist trocken und lässt sich mit 110km/h befahren, ein Teil ist wie ein Sumpf, verschluckt die Räder, rutschig wir Seife. Hier alleine zu fahren ist dumm, aber macht Spaß ;-).

Entlang der Grenze zu Algerien, genau da, wo man nicht fahren soll, sind die schönsten Pisten, oder eher zwei Spuren durch die Wüßte, zum Motorradfahren. Es gab lange keinen Sandsturm und die Wege sind nicht, wie meistens, zugeweht. Diese Wüstenwege, je nach Windbedingungen der Sahara, verändern sich ständig. Gerade deswegen kann man sich hier auf keine Navigation verlassen. Kompass ist Kompass.

In den Handwerker-Gassen der Bärber, der Urbewohner der Sahara, in der Stadt Douz ist abends viel los. Da werden Schuhe gefertigt, woanders sind Tischler am Werk. Das Geschehen fängt um fünf Uhr an und geht bis in die Nacht. Anders ist es bei den Temperaturen von 47°C nicht möglich.

Auf dem alten Markt in Douz bin ich fündig. Hier werden unter anderem für umgerechen 50€ geschmiedete Werke angeboten, die über 100 Jahre alt sind.

Das erste Mal sehe ich hier richtige Schmiedearbeiten, die im Feuer gemacht sind. Die Stäbe der Gitter sind im Feuer gelocht und ineinander gesteckt.

Wo gibt es dann die alten Meister, die sowas noch können?

Ahmed erzählt mir, dass es in der Altstadt eine Familie gibt, die noch Werkzeue im Feuer schmieden kann.
Hand drauf, am nächsten Vormittag gehen wir zusammen hin. Er übersetz der Familie, die seit drei Generation Wekzeuge zum Beackern der Palmen fertigt, dass ich ein Schmied bin, der mit dem Motorrad aus Europa kam und das traditionelle Schmieden der nordafrikanischen Schmiede sehen will.

Der Zustand der Schmiede ist außergewöhnlich.

Der Junior-Haded macht das Feuer an, mit Holzkohle, und zeigt, wie man eine traditionelle Säge für Palmenblätter schmiedet. Die Ausstattung der Schmiede bestäht aus einem Amboss und einem Hammer. Oh mein Gott, bin ich verwöhnt! Hut ab, der Mann kann den Hammer richtig schwingen und schmiedet in ein paar Minuten eine Säge aus eine Betonarmierung.
Später drehen wir das Spiel um und ich zeige, was wir in Europa so machen. Zumindest, wie mir die Bedingungen erlauben.

Ich zeige ihm die Fotos der alten Schmiedewerke und will sehen, wie sie gemacht werde. “Lange her, sehr lange her…”, erklärt er mir. Keiner weiß mehr, wie sowas geht.

Das Know-How der alten Tradition ist verloren gegangen, die Kunst der Schmiede aus der Sahara.

Unterwegs zu El Tambain. Diese Strecke zählt zu den härtesten in der Sahara. Nach 65km muss ich abbrechen. Die Dünnen sind zu hoch und die Temperaturen über 50°C lassen mein Motorrad andauernd überhitzen.

Die “Wüstenkaffees” sind die Leuchttürme der Sahara. Hier bekommt man Wasser, etwas zu essen und kann in der Not auch übernachten. Durch den extrem heißen Sommer haben sich die meisten Bewohner der Wüste in die Städte zurückgezogen, was viele meiner Langstecken durch den Sand unmöglich machte. Ohne diese Service-Stellen kommt man alleine, ohne Begleitung von einem Pickup mit Wasser und Proviant, nicht weiter.

Nach 260km endlich eine Tankstelle in den Gebirgen Mat-Mata gefunden. Der Süden Tunesien ist meistens von solchen Tankstellen versorgt.

Stinkt es, könnte es brennen? Rein damit!
Bis auf einmal, wo ich wegen schlechten Sprit stehen blieb, hat es funktioniert. Verschiede Reparaturen sind bei solchen Reisen vorprogrammiert.

Die Oase Ksar-Ghilane muss man einmal im Leben gesehen haben. Die Thermalquelle inmitten der Dünnen und die Millionen Sterne nachts am Himmel, das ist ein Traum.

Mit dem Camping-Chef aus der Oase mache ich ein Deal:
Ich helfe ihm mit der technischen Konzipierung des neuen Generators für die Stromversorgung und er lässt mich zwei Tage übernachten, inklusive Essen.

Nicht weit weg von der Grenze zu Libyen geht meine Reise zu Ende und ich muss zurück Richtung Norden drehen. Es gibt kein Benzin mehr. Feierabend, du Abenteuerer!

Die Übernachtung ist, wie fast jeden Tag, exklusiv. Das Loch im Felsen ist mein Zimmer ;-)

Drei Wochen alleine unterwegs, 4500km hintergelegt, Millionen Endrücke gesammelt.

So war die Reise zu dem wahrscheinlich letzten Schmied Tunesiens.

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“Die Schmiede” in Lochum